Der Kampf gegen Wind und Wellen, wie wir ihn auf dem Titelbild sehen, hat etwas Heroisches: Der Seemann legt sich in die Ruder, den Leuchtturm im Blick, die Gischt im Gesicht, das Boot ein Spielball der wilden See. Die Krise, mit der wir aktuell kämpfen, wirkt dagegen seltsam irreal. Ausser in den Spitälern und den Alters- und Pflegeheimen ist das verheerende Wirken des Virus kaum wahrnehmbar. Die Menschen werden nicht von Sturmwinden geschüttelt, sondern sitzen zu Hause vor den Laptops. Die Strassen sind leerer als sonst, die Stätten öffentlicher Begegnung geschlossen. Am ehesten ist dieser stille Sturm zu fassen in der Sorge um Angehörige oder in der eigenen Angst, wenn man selber nach einem Test auf das Resultat wartet. Die Stürme an den Finanzmärkten sind per se schon abstrakt, sie ereignen sich primär auf den Computerbildschirmen über Kursticker. Im Frühling 2020 meldete sich die Volatilität mit Macht zurück an den Märkten. Die Abstraktion wurde dabei noch dadurch gesteigert, dass die Gremien, die sich mit den Folgen der Stürme auf den Bildschirmen beschäftigen mussten, sich meist ebenfalls nur über den Bildschirm treffen konnten.
Wer mit dem Schiff in einen Sturm gerät, hat umso grössere Probleme, je schlechter er sich auf eine Situation vorbereitet hat und je weniger gut sein Schiff gebaut und gewartet ist (das Ruderboot auf der Titelseite lässt diesbezüglich Raum für Bedenken). Die Pensionskassengremien konnten sich gelassener vor den Computern versammeln, wenn sie sich auf eine diversifizierte Anlagestrategie und klare, in ruhigen Zeiten beschlossene Handlungsabläufe stützen konnten, etwa was das Rebalancing angeht. Der beste Befehl von der Kommandobrücke Sofa oder Bürostuhl war, den Volatilitäten genauso zu begegnen, wie man dies geplant hatte. Ein etwas nüchternes Fazit in einer nüchternen Zeit. Sie fehlt einem, die Gischt im Gesicht.
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