Sinnvolle Vergleiche von Äpfeln und Birnen
Die Realität der Pensionskassen ist seit Anfang 2022 praktisch über Nacht gekippt, von schwarzen zu roten Zahlen, vom Plus ins Minus. Mit dem Abschluss des sehr guten Geschäftsjahrs 2021 und der satten Rendite, mit denen auch die Vorsorgeguthaben der Versicherten verzinst werden konnten, zog das neue Jahr ein. 2022 bringt für Pensionskassen negative Renditen. Zum Regenwetter an der Börse kommt auch noch die Teuerung. Diese Themen diskutierte ein Fachpublikum an einer Tagung am Flughafen Zürich.
Das Gros der Versicherten unter einem Schirm
Während die Inflation Sammelstiftungen (wie alle Pensionskassen) vor neue Fragen stellt, gibt es auch einige Konstanten im Fächer der Herausforderungen: Erstens bleibt die Verantwortung, die nicht delegiert werden kann, immer beim obersten Organ der Stiftung, also in der Regel beim Stiftungsrat einer SGE. Zweitens geht der Trend hin zu SGE ungebrochen weiter: Mittlerweile sind fast drei Viertel der Destinatäre bei einer solchen Einrichtung versichert, einige Player können bald als systemrelevant betrachtet werden. Die Zahl der Sammelstiftungen und Gemeinschaftseinrichtungen ist seit 2004 stabil geblieben (SE: 121, GE: 115). Vom Aussterben bedroht scheinen dagegen die firmeneigenen Pensionskassen, deren Zahl weiterhin schrumpft.
Transparenz und Risikomanagement
Patrik Schaller, Head of Assurance - Insurance Core, Partner, EY, gab in seinem Referat ein Update zu den Anforderungen aus Sicht des Buchprüfers. Hier gab es in den letzten Jahren viele regulatorische Neuerungen. Auch die Oberaufsichtskommission (OAK BV) hat ein Auge auf die SGE geworfen, da diese untereinander im Wettbewerb stehen und weil sie an Bedeutung im Vorsorgemarkt gewinnen.
Schaller legte den Stiftungsräten ans Herz, sich ihrer Risiken bewusst zu sein. Er empfiehlt ihnen etwa ein Risikoinventar, in dem die wichtigsten Risiken für die Stiftung aufgeführt werden. Eine einfache Struktur sei bezüglich des Risikomanagement hilfreich, sagte Schaller. Die internen Kontrollsysteme sollten heute so ausgestaltet sein, dass der Tanker auch bei hohem Wellengang jederzeit steuerbar bleibt. Dies sei ohne die Hilfe von externen Dienstleistern und automatisierten Systemen nicht mehr möglich.
Die Fachleute Patrick Bonadei, Pensionskassenexperte SKPE, Aktuar SAV, Swisslife und Jeannette Leuch, Stiftungsratspräsidentin nest und Partner bei Invalue, sprachen anschliessend zum Umgang mit der Inflation. Sie legten den Verantwortlichen ans Herz, angesichts des schlechten Jahrs 2022 die Ruhe zu bewahren und auch die Generationengerechtigkeit zu beachten. Von der Teuerung sind zuerst die Rentnerinnen und Rentner betroffen, nicht die Aktivversicherten.
Technische Zinsen und ökonomische Deckungsgrade
An einem Podium diskutierten zum Schluss der Tagung drei Geschäftsführer die brennenden Fragen. Adrian Brupbacher, PAT-BVG, Markus Büchi, Spida und Laurent Schläfli, Profond präsentierten ihre Kassen. Im Gespräch mit Kaspar Hohler bestätigten sie die Befunde, die in der Branche bekannt sind. Allgemein wird erwartet, dass viele Kassen Ende Jahr technisch eine Unterdeckung ausweisen werden. Wichtiger als der ausgewiesene Deckungsgrad sei jedoch die Struktur der Pensionskasse wie auch der Umstand, dass die steigenden Zinsen grundsätzlich die Perspektiven der Vorsorgeeinrichtungen verbessern. Entsprechend hoffen die Panelteilnehmer auf eine flexible und pragmatische Haltung der Aufsichtsbehörden.
Laufende Senkungen des technischen Zinses werden gestoppt und in den Stiftungsräten wird auch über eine Erhöhung der entsprechenden Sätze gesprochen. Die Erhöhung der Obergrenze für den technischen Zins gemäss der Formel der Expertenkammer dürfte diese Diskussionen noch verstärken.
Eine Krux ist auch die Kommunikation der Verzinsung an die Versicherten, da sich diese nach der langen Phase an guten Jahren an hohe Verzinsungen gewöhnt haben. Auch Rentenerhöhungen werden ein Thema, wobei es sich derzeit um Einmalzahlungen handelt. Sollte das Finanzjahr nicht noch eine wundersame Wende erfahren, kann das Gros der Vorsorgeeinrichtungen für 2022 kaum Zusatzleistungen gewähren.
Das Podium endete auf einer positiven Note. Selbst wenn die eine oder andere Stiftung nun in eine Unterdeckung gerät, ist dies noch nicht das Ende der Welt. Dank im Schnitt jüngeren Altersstrukturen der meisten Stiftungen sind diese entsprechend risikofähig und können, im Gegensatz etwa zu reinen Rentnerkassen, aus eigener Kraft wieder aus dem Minus herauskommen.
Sonderausgabe mit Verzeichnis
Kennzahlen und Kategorien
Seit 2008 erscheint jährlich die Sonderausgabe zu den Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen (SGE). Nebst einem Verzeichnis, in dem sich die Sammeleinrichtungen mit den wichtigsten Kennzahlen selbst präsentieren, werden im redaktionellen Teil die Pensionskassenstatistik und aktuelle Entwicklungen kritisch beleuchtet. So hinterfragt etwa Hans-Ulrich Stauffer die Zuordnungen der Pensionskassenstatistik, die der heutigen Realität nicht mehr gerecht werden. Stauffer schlägt stattdessen eine pragmatische Unterteilung vor, die die real existierende Stiftungslandschaft besser abbilden würde. Zielführend wäre demnach eine Unterteilung zwischen a) Gemeinschaftseinrichtungen mit einheitlicher Planausgestaltung und Finanzierung, b) Sammeleinrichtungen mit einheitlicher Anlagestrategie und c) Sammeleinrichtungen mit unterschiedlichen Anlagestrategien pro Vorsorgewerk. Die Sonderausgabe haben Abonnenten der «Schweizer Personalvorsorge» erhalten. Sie ist auch einzeln im Webshop erhältlich.
Sammelstiftungen
Website für transparente Vorsorgevergleiche
An der Tagung präsentierte Kaspar Hohler eine neue Website, die interaktive Vergleiche von Vorsorgelösungen ermöglicht. Diese baut auf der Datenbasis von vps.epas auf, in der die wesentlichen Stiftungen mit ihren Kennzahlen verfügbar sind. Die Website ist so gebaut, dass man mit wenigen Klicks gezielte und sinnvolle Vergleiche anstellen kann. So lässt sich beispielsweise die Gesamtverzinsung über die vergangenen Jahre von ausgewählten Pensionskassen vergleichen, das Verhältnis von Aktivversicherten und Rentnern oder die Jahresbeiträge.