«Schweizer Personalvorsorge» 04/22: Dossier Kantonale Pensionskassen

Eine Zeitenwende

Seit über zehn Jahren wird in der 2. Säule mantraartig die Umverteilung von Jung zu Alt beklagt. Der Leistungsausweis der kantonalen Pensionskassen zeigt, dass diese Umverteilung 2021 endete. Und es sieht ganz danach aus, dass sie auch nachhaltig beendet ist.

Die Zahl 1.16 wirkt nicht sonderlich spektakulär. Sie ist es aber. Im vergangenen Jahr erhielten die aktiven Versicherten bei kantonalen Pensionskassen durchschnittlich über 1% mehr Zins als die Rentner - konkret 2.9% gegenüber einem technischen Zins von 1.74%. In dieser Deutlichkeit gab es dies seit vielen Jahren nicht mehr. 2019 lag die Verzinsung der aktiven mit 2.17% leicht über dem damaligen technischen Zins von 2.02%, sonst profitierten stets die Rentnerinnen und Rentner von einer höheren Verzinsung.

Im Wesentlichen gibt es drei Gründe dafür, dass die Aktiven 2021 einen höheren Zins erhielten: Erstens ist der Deckungsgrad (und damit die Wertschwankungsreserve) bei vielen Pensionskassen nach zehn guten Anlagejahren nahe am Zielwert, zweitens wurde 2021 wieder eine hervorragende Performance erzielt und drittens ist der technische Zins massiv gesenkt worden. 2018 lag er noch bei durchschnittlich 2.23%, er wurde also innerhalb von drei Jahren um knapp 0.5 Prozentpunkte oder über 20% gesenkt. 

Es spricht vieles dafür, dass wir es nicht mit einem einmaligen Ausreisser, sondern mit einer Zeitenwende zu tun haben. Die finanziell solide Situation der Pensionskassen ist gegeben, ausserhalb des hier betrachteten Universums der kantonalen Pensionskassen gilt dies noch stärker. Die Vorsorgeeinrichtungen sind somit gewappnet gegen schwächere Anlagejahre. Die Senkung des technischen Zinses ist beim Gros der Kassen zumindest auf der Zielgerade. Diese Senkungen kosteten Geld, das zukünftig für die Verzinsung der Aktiven verwendet werden kann statt zur NachfInanzierung laufender Renten. Zu guter Letzt steigen auch die Zinsen, was für Pensionskassen kurzfristig schmerzhaft, langfristig aber positiv ist, da die laufenden Verpflichtungen besser finanziert werden können.   

Kommen wir nun in eine neue Phase der Umverteilung von Rentnern zu Aktiven? Nein. Wenn die Aktiven eine höhere Verzinsung erhalten als die Rentner, ist dies keine Umverteilung, sondern korrekt: Sie tragen - zusammen mit dem Arbeitgeber - die gesamten Risiken der Pensionskasse, während die laufenden Renten selbst im Sanierungsfall vollumfänglich geschützt sind. Und Risiko wird mit Rendite entschädigt, dies ist das Prinzip der Kapitalanlagen. Überdies haben die Vorsorgeeinrichtungen Ende 2021 auch bewiesen, dass die Rentnerinnen und Rentner nicht vergessen gehen: Viele zahlten beispielsweise eine 13. Monatsrente aus. Die eingangs genannten 1.16% sind in diesem Lichte vielleicht nicht ganz so spektakulär, erhielten die Rentenbeziehenden doch vielerorts etwas mehr als «nur» den technischen Zins auf ihren Renten. 

In der Schweizer Personalvorsorge «04/22» finden Sie eine gelayoutete Tabelle mit allen Eckdaten zu den kantonalen Pensionskassen wie auch drei vertiefende Artikel zum Thema. Die Exceltabelle mit allen Angaben zu den Kassen können Sie hier downloaden.