Impact messen und zeigen
Für Pensionskassen ist die Aktivseite ihrer Bilanz, die Anlagen (Wertschriften und Immobilien), in erster Linie Mittel zum Zweck. Sie sollen damit ihrem treuhänderischen Auftrag nachkommen, marktkonforme Renditen zu erwirtschaften, die den Versicherten, Aktiven und Rentnerinnen, zu Gute kommen. Deren Ansprüche werden auf der Passivseite der Bilanz abgebildet.
Diese Renditen oder Leistungen sollen dabei auch unter Berücksichtigung und Minimierung von relevanten Risiken zu Stande kommen. Stichworte dazu sind Risikodiversifikation und die Analyse von Risiken, die sich nicht unmittelbar in den Portfolios abbilden, da sie von den traditionellen Masszahlen (die oft auf historischen Zeitreihen basieren) nicht erfasst werden. Hier setzt für traditionelle Pensionskassen und auch für den Gesetzgeber die Auseinandersetzung mit dem Thema Nachhaltigkeit ein und dadurch erklärt sich auch die Dynamik und Popularität von ESG-Ansätzen in der Kapitalanlage.
Risiken minimieren, Wirkung erzielen
Die Stiftung Abendrot denkt seit ihrer Gründung in diesen Zusammenhängen und hat versucht, über die Zeit aus einer klaren Wertehaltung heraus durch Ausschlüsse die betreffenden Risiken zu minimieren. Zunehmend aber hat sich zur Beurteilung der Nachhaltigkeit der Fokus von einer reinen Risikobetrachtung zu einer Wirkungsoptik verschoben.
Um die Wirkung der Anlagen beurteilen zu können, griff die Stiftung daher auf die Wirkungsmatrix des «Impact Management Projects» zurück und erfasste all ihre Anlagen auf den beiden Wirkungsachsen «Wirkung der Investorin» und «Wirkung der Investition». Diese Wirkungsmatrix wird als strategisches Werkzeug verwendet, um neue Anlagen gemäss ihres Impacts zu beurteilen und bestehende Anlagen eventuell gegen Anlagen mit ähnlichem Rendite-/Risikoprofil, aber besserer Wirkung auszutauschen.
Wie funktioniert die Wirkungsmatrix?
Die Wirkung einer Investition auf die Menschen und ihre Umwelt, der Impact, lässt sich entlang zweier Dimensionen beschreiben:
Der Effekt der Investition auf die Welt
Eine Anlage beziehungsweise ein Unternehmen erzielt mit ihrer Anlage eine soziale, ökologische oder ethische Wirkung. Die Auswirkungen können anhand einer Skala aufgezeigt werden, die von negativen, schädlichen bis hin zu positiven, lösungsfördernden Aspekten reicht:
• Das Unternehmen hat möglicherweise schädliche Auswirkungen auf Menschen oder die Umwelt oder handelt unethisch;
• Das Unternehmen trifft Massnahmen, um schädliche Auswirkungen auf Mensch und Umwelt zu vermeiden oder erheblich zu mindern:
• Das Unternehmen vermeidet schädliche Auswirkungen und schafft Nutzen für die Stakeholder/ betroffene Interessengruppen und dient Mensch und Umwelt;
• Das Unternehmen fördert Lösungen für benachteiligte Personen oder Umweltprobleme. Das Unternehmen kann einen stark positiven Effekt erzielen, der sich anhand der von der UNO definierten Social Development Goals (SDG) messen lässt.
Der Effekt des Investoren-Beitrags
Eine Investorin kann vier Strategien verfolgen, um bei einer Investition (in ein Unternehmen, einen Fonds etc.) eine nachhaltige und positive Wirkung zu erzielen. Die Auswirkungen können ebenfalls anhand einer Skala aufgezeigt werden, die von einer minimalen Signalwirkung bis zur Inkaufnahme von weniger als der üblichen Marktrendite reicht:
• Die Investorin setzt ein Signal, dass mit der Investition auch ein Impact erzielt werden soll. Sie schliesst gewisse Anlagekategorien aus und bevorzugt andere. Ziel ist es, auf die Finanzmärkte Einfluss zu nehmen, das eigene Handeln auszuloben und der Konkurrenz Druck aufzusetzen;
• Die Investorin bringt sich aktiv ein und engagiert sich dafür, dass die investierte Firma oder der Vermögensverwalter/Fondsmanager sich verbindliche Nachhaltigkeitsziele geben, ESG-Risiken einbeziehen und positive ESG-Effekte erzielen;
• Die Investorin nimmt eine Vorreiterrolle ein und versucht, neue oder unterversorgte Kapitalmärkte zu entwickeln (z.B. im Süden oder über Privatmarktanlagen);
• Die Investorin stellt für wirkungsvolle Vorhaben flexibles Kapital bereit und nimmt geringere Erträge als die üblichen Marktrenditen in Kauf – zum Beispiel um marginalisierten Bevölkerungsgruppen langfristig den Zugang zu Finanzmitteln (z.B. Mikro-Kredite) zu ermöglichen.
Je mehr Strategien die Investorin kombiniert, desto grösser ist ihr Beitrag auf die Anlage/Investition.
Die Stiftung Abendrot orientiert sich in all ihren Anlagen an diesen Wirkungsmechanismen und versucht in ihrer Anlagestrategie, die positive Wirkung in beiden Dimensionen zu maximieren.
Dabei zeigt sich, dass der Dimension Investorenwirkung im Bereich der weniger liquiden Privatmarktanlagen bedeutend mehr Rechnung getragen werden kann als im Bereich der liquiden börsenkotierten Anlagen (dort stehen aus Investorensicht vor allem das zu setzende Signal, sowie das Engagement im Vordergrund).
Aktive Kommunikation baut Ängste ab
Kommuniziert wird dieser Wirkungsansatz über unsere Webseite, wo alle Anlagen nicht nur transparent ausgewiesen, sondern eben auch in Ihrer Wirkung beschrieben werden. Diese Beschreibungen sind ein zielführender Weg, Ängste der Finanzmarktakteure bezüglich weiterer Regulierung und Bürokratisierung im Zusammenhang mit der Nachhaltigkeitsdebatte zu adressieren und die Diskussion in eine Richtung lenken zu helfen, die sich nicht in Details von Taxonomien verliert, sondern das «big picture» der effektiven und angestrebten Wirkung nicht aus den Augen verliert.
Mehr zum Thema lesen Sie in der Sonderausgabe der «Schweizer Personalvorsorge» zu Nachhaltigkeit und klimafreundlichem Investieren, die Ende Oktober 2021 erschienen ist.