Ein realistisches Bild, trotz bescheidenen Kenntnissen
Zusammengefasst ist das Bild der Umfrage, die schriftlich mit Multiple-Choice-Antworten bei Versicherten gemacht wurde, sehr realistisch, aber erschütternd. Die Mehrheit der Schweizer Bevölkerung glaubt schlicht nicht daran, im Alter genügend Rente zu erhalten. Rund drei von fünf Befragten glauben gemäss der Studie nicht, dass sie genügend Geld aus der AHV und der 2. Säule erhalten werden, um im Alter den gewohnten Lebensstandard aufrecht zu erhalten. Sie fürchtet sich vor Altersarmut. Hier ist die Mehrheit deutlich pessimistischer als noch vor einem Jahr.
Sinkende Beiträge
«Das Thema ist bei den Leuten angekommen», sagte Studienleiterin Yvonne Seiler Zimmermann, Dozentin an der Hochschule Luzern. Der Grund ist simpel: In den letzten zehn Jahren sanken alle Parameter für eine gute Leistung, insbesondere das mittlere Arbeitspensum (Teilzeit). «Neue Arbeitsmodelle sorgen dafür, dass die Schweizerinnen und Schweizer weniger Beiträge einzahlen», so Seiler Zimmermann. Dass der dritte Beitragszahler schwächelt, hilft nichts. Der demografische Wandel und die ungenügend hohen Renditen verhindern, dass die 2. Säule nachhaltig finanziert werden kann.
Die relativ magere Erwartung bezüglich der Rente trifft die kapitalgedeckte 2. Säule härter als die AHV, was auch weiter am Image der Vorsorge kratzt: «Die Skepsis der Befragten bezüglich genügend hoher Rentenleistungen ist hoch», so Seiler Zimmermann. Immerhin ist die Bevölkerung insofern konsequent, dass sie sich auch bewusst ist, dass Reformen notwendig sind und kosten. Nur 4% lehnen Massnahmen zur Behebung der Finanzierungsprobleme von AHV und 2. Säule ab. Problematisch ist das weiter gesunkene Vertrauen in das Vorsorgesystem dennoch. Pikant: Frauen und jüngerer Personen haben noch weniger Hoffnung als Männer, aus der AHV und 2. Säule einst genügend Rente zu erhalten fürs Alter. Ernüchtert stellen die Forschenden fest: Um sich um alternative, eigenverantwortliche Vorsorgemöglichkeiten zu kümmern, fehlt vielen schlicht das notwendige Wissen.
Pensionskasse bleibt erste Anlaufstelle
Ganz anders als zur 2. Säule generell ist die Einstellung der Versicherten zu ihrer eigenen Pensionskasse. «Die eigene Pensionskasse ist nach wie vor die erste Anlaufstelle für alle Fragen», sagt Seiler Zimmermann. So wenden sich die Versicherten an die eigene Pensionskasse, wenn sie sich mit der eigenen Pensionierung beschäftigen. In der Regel ist dies zu spät, um noch viel ändern zu können, also wenige Jahre vor Erreichen des Pensionsalters.
In der Studie wurde auch das allgemeine Finanzwissen der Bevölkerung abgefragt, mit einem standardisierten OECD-Test, der Vergleiche mit anderen Ländern erlaubt. Zum Vorsorgewissen entwarfen die Forschenden zusätzlich zusammen mit Experten spezifische Fragen. Die Umfrageergebnisse zeigen, dass die Kenntnisse über das Vorsorgesystem und die eigene Vorsorgeeinrichtung bei den Befragten eher bescheiden ausfallen. Dennoch wollen 62% der Befragten die Anlagestrategie ihres Vorsorgekapitals selbst bestimmen, ein Ausdruck des Zeitgeists. «Das Hauptproblem ist nicht das fehlende Wissen an und für sich, sondern die Unkenntnis der eigenen Wissenslücken», sagt Yvonne Seiler Zimmermann. Dies hat sich gegenüber dem Vorjahr nicht radikal verändert.
3a läuft der 2. Säule den Rang ab
Wissenslücken offenbaren sich insbesondere bei den Regelungen zur freiwilligen Altersvorsorge. Wer nicht arbeitet, darf beispielsweise nicht mehr in die Säule 3a einzahlen. Das wissen aber viele nicht. Lediglich ein Drittel weiss, dass nicht alle Personen in der Schweiz in die Säule 3a einzahlen dürfen.
Ein Strohhalm aus Sicht der Branche ist, dass das generelle Interesse am Thema «Altersvorsorge» nach wie vor hoch ist. Es interessiert die Bevölkerung also sehr wohl, was mit den Sozialwerken passiert. Ein Teil des Problems ist wohl, dass sich die Menschen kaum bewusst sind, wie viel Vermögen sie in der Pensionskasse haben. Am Anlass in Rotkreuz lancierte daher aus dem Publikum jemand die Idee, das Sparkapital in der Steuererklärung aufzuführen, damit es nicht aus den Augen und aus dem Sinn der Leute komme.
Ein Schwerpunkt der diesjährigen Studie waren Zeitsparmodelle, die in der Schweiz bisher kaum verbreitet sind. Vier von fünf Befragten fänden es schön, sich eine berufliche Auszeit oder ein Sabbatical oder eine Weiterbildung mit einem solchen Modell zu finanzieren. Gefragt nach dem Ziel ihrer Sparanstrengungen, ist aber die Frühpensionierung nach wie vor mit Abstand die meiste genannte Antwort. Der Dauerbrenner Vorruhestand ist also das Paradies, das sich die meisten Menschen ausmalen. Auch dies hat sich nicht verändert: Wer es sich leisten kann, geht möglichst früh in Pension.
Studie zum Vorsorgewissen
Der angekündigte Kommentar von Stephan Wyss entfällt. Die Studie «VorsorgeDIALOG» wurde am Institut IFZ an der HSLU Luzern – Wirtschaft im Auftrag von PensExpert und Pax realisiert.