«Schweizer Personalvorsorge» 05/21: Jahreskonferenz der OAK

Die Warnrufe werden leiser

Es gehört zur DNA von Aufsichtsbehörden, dass sie sich auf die Risiken in ihrer Domäne konzentrieren und stets zu mehr Sicherheit mahnen. Werden die Warnungen moderater, wie jüngst an der Medienkonferenz der Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge (OAK), darf dies optimistisch stimmen.

Beginnen wir mit den Zahlen: Die durchschnittliche Netto-Vermögensrendite der Schweizer Pensionkassen lag 2020 bei 4.4%. Die Deckungsgrade erhöhten sich dadurch auf 113.5% (Ende 2019 lagen sie noch bei 111.6%). Der Anteil der Vorsorgeeinrichtungen in Unterdeckung ging nochmals leicht zurück auf noch 1%. Die nach OAK-Logik geschätzte Umverteilung sank gegenüber 2019 (7.2 Mrd. Franken) deutlich auf 4.4 Milliarden. Die Vorsorgekapitalien der Aktiven wurden mit 1.84% (Vorsorgeeinrichtungen ohne Staatsgarantie und ohne Vollversicherungslösungen) respektive 2.1% bei Kassen mit Staatsgarantie verzinst. Dem standen technische Zinsen von durchschnittlich 1.76% sowie künftige Zinsversprechen von 2.52% gegenüber.

Sinkende Zinsversprechen

OAK-Präsidentin Vera Kupper Staub konnte dann auch feststellen, dass die Wertschwankungsreserven der Vorsorgeeinrichtungen so hoch wie noch nie sind, seit die OAK 2012 ihre Tätigkeit aufnahm. Dies notabene obwohl die Vorsorgeeinrichtungen im selben Zeitraum den technischen Zins von 3.2% auf knapp 1.8% senkten und die impliziten Zinsversprechen im Umwandlungssatz von 3.9% auf 2.5% – Massnahmen, die auf den Deckungsgrad durchschlagen.

Die Umverteilung von Aktiven zu Rentnern ging nach Schätzung der OAK dank ähnlicher Verzinsung der Kapitalien beider Gruppen und sinkender Pensionierungsverluste auf 4.4 Milliarden zurück (zu dieser Zahl siehe auch Artikel «7.2 Milliarden – oder doch nicht?», Kaspar Hohler, «Schweizer Personalvorsorge» 04/21). Mutationsgewinne aufgrund der Coronapandemie sind in dieser Zahl nicht berücksichtigt.

«Die Umverteilung muss immer noch als substanziell bezeichnet werden», unterstrich Kupper-Staub. Ein weiterer Rückgang der Umverteilung sei zwar aufgrund der von den Pensionskassen ergriffenen Massnahmen zu erwarten. Ganz verschwinden werde sie aber kaum, solange die gesetzlichen Parameter nicht angepasst würden. Entsprechend plädierte Kupper Staub dafür, die Gunst der Stunde, sprich die gute finanzielle Lage, für politische Lösungen zu nutzen, insbesondere für die Senkung des BVG-Mindestumwandlungssatzes.  

Wie steht es um die Risiken?

Catherine Pietrini, Vize-Präsidentin der OAK, nahm in der Folge die finanzielle Lage der Vorsorgeeinrichtungen unter die Lupe. Sie stellte insbesondere fest, dass die Risiken aus der Dimension Deckungsgrad gegenwärtig als tief einzuschätzen sind (siehe erste Abbildung). Quasi spiegelbildlich hat sich die Risikodimension Anlagestrategie entwickelt: Hier haben die Risiken aufgrund der volatileren Finanzmärkte deutlich zugenommen (siehe zweite Abbildung). Pensionskassen sind zwar finanziell solide aufgestellt. Pietrini gab aber zu bedenken, dass die Wertschwankungsreserven erst zu gut drei Vierteln geäufnet sind, sprich die Kassen noch nicht über ihre volle Risikofähigkeit verfügen.

Als weitere beiden Risikodimensionen beobachtet die OAK Zinsversprechen und Sanierungsfähigkeit: Beim Zinsrisiko weisen gemäss OAK 60% der Vorsorgeeinrichtungen ein eher hohes oder hohes Risiko auf. Die Zinsversprechen sinken zwar (daher sank der Wert auch gegenüber 68% im Vorjahr), sind aber im Vergleich zum Marktzinsniveau immer noch «sehr hoch», so Pietrini. Hinsichtlich Sanierungsfähigkeit weist nach Einschätzung der OAK seit Jahren gut die Hälfte der Vorsorgeeinrichtungen ein hohes bis sehr hohes Risiko auf. Der Handlungsspielraum für Pensionskassen ist hier aber begrenzt, da sie für Sanierungen nicht auf Rentnerinnen und Rentner zurückgreifen können.

Wie weiter in der Aufsicht?

Zum Schluss des Medienanlasses warf OAK-Direktor Manfred Hüsler einen Blick auf die regulatorischen Tätigkeiten der OAK. Im Jahr laufenden Jahr wurden bereits erste Weisungen zu Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen erlassen, denen die OAK weiterhin grosse Aufmerksamkeit widmet (siehe dazu auch Interview mit Vera Kupper Staub und Roger Tischhauser in der «Schweizer Personalvorsorge» 04/21).

Hinsichtlich risikoorientierter Aufsicht ortete Hüsler «weiterhin deutliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Aufsichtsbehörden». Die OAK ist in Diskussionen mit den Direktaufsichtsbehörden zum Thema und arbeitet entsprechende Weisungen aus, die im Jahr 2022 in eine öffentliche Anhörung geschickt werden sollen.