BAK-Studie

Die Pensionskassen sind volkswirtschaftlich relevant

Die kapitalgedeckte, berufliche Vorsorge nimmt in der Schweiz einen wichtigen sozialpolitischen und volkswirtschaftlichen Stellenwert ein. Zentral sind die sozialpartnerschaftlich geführten Pensionskassen (PK), die sicherstellen, dass die beschlossenen Ertrags- und Leistungsziele erfüllt werden.

Hanspeter Konrad

Die PK tragen als langfristige Investorinnen von aktuell über 1000 Milliarden massgeblich zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung bei. So entspricht das Vorsorgevermögen mehr als dem 1.5-fachen des BIP der Schweiz. BAK Economics hat die volkswirtschaftliche Bedeutung der PK im Auftrag des ASIPuntersucht. Die Studie ist ein Update des 2018 erschienenen volkswirtschaftlichen Portraits der PK (siehe auch Box).

Hohes Gewicht kapitalgedeckter Renten in der Schweiz

Die Industrienationen erleben eine stetige Alterung der Bevölkerung. Bei hauptsächlich umlagefinanziert strukturierten Altersvorsorgesystemen müssen die Beiträge einer kleiner werdenden Erwerbsbevölkerung die Renten einer grösser werdenden Rentenbevölkerung finanzieren. Zahlreiche Länder reagierten in den letzten Jahren auf diese Problematik, indem sie verstärkt auf kapitalgedeckte Renten setzten. Die Schweiz weist diesbezüglich eine gute Ausgangslage auf. Im internationalen Vergleich gehört sie zu den Ländern mit den grössten Vorsorgevermögen. Von den OECD-Ländern verfügten 2019 lediglich Dänemark, die Niederlande, Island und Kanada in Relation zum BIP über höhere Altersvermögen. Gleichzeitig verfügt die Schweiz mit der AHV aber auch über eine starke erste Säule.

Total der angesparten Altersvermögen in % des BIP

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Volkswirtschaftliche Bedeutung der Pensionskassen

Die Studie beleuchtet mit zahlreichen Fakten zur Vermögens- und Leistungsseite den volkswirtschaftlich bedeutenden Stellenwert der PK. Neben der eigenen direkten Wertschöpfung zugunsten der Versicherten wird der gesamtwirtschaftliche Effekt, der mit der Tätigkeit der PK einhergeht, dargestellt. Die PK nehmen eine wichtige sozialpolitische Infrastrukturfunktion für die Schweizer Volkswirtschaft wahr. Die soziale Infrastruktur umfasst neben dem Bildungs- und Gesundheitssystem auch die soziale Sicherung inklusive der Altersvorsorge. Die PK übernehmen als zentraler Bestandteil der Schweizer Altersvorsorge einen Teil dieser Infrastrukturfunktion, indem sie dazu beitragen, der älteren Bevölkerung einen angemessenen Wohlstand zu gewährleisten. Gemäss der Studie besteht die Infrastrukturfunktion der Vorsorgeeinrichtungen in der Bereitstellung von möglichst effizienten Vorsorgelösungen. Indem die PK ihre Lösungen mindestens in einer Qualität anbieten, welche die/der Einzelne nicht oder nur zu höheren Kosten selbst erbringen kann (insbesondere auch die kollektive Bewirtschaftung der Kapitalanlagen), erfüllen sie diese Aufgabe.

Die Studie zeigt aus makroökonomischer Sicht auf, dass die Anlagetätigkeit der PK in bedeutendem Ausmass zur Kapitalakkumulation innerhalb der Schweizer Volkswirtschaft beiträgt. Als Intermediär von Finanzkapital versorgen sie Bund, Kantone, Gemeinden und inländische Unternehmen mit langfristigem Kapital und tragen so zur Deckung des Finanzbedarfs im öffentlichen und privaten Sektor bei. Daneben sind PK auch in erheblichem Umfang Anbieter von Sachkapital, indem sie privaten Haushalten und Unternehmen Wohn- und Geschäftsimmobilien zur Verfügung stellen. Darüber hinaus trägt die internationale Anlagetätigkeit der PK auch zur Stabilisierung des Schweizer Frankens bei. Die Anlagetätigkeit der PK führt somit zu sog. positiven gesamtwirtschaftlichen Spillover-Effekten (positive volkswirtschaftliche Nebeneffekte). 

Finanz- und Sachkapital der Pensionskassen 2019

in Franken; Quellen: BFS Pensionskassenstatistik, BAK Economics

Sozialpolitischer Stellenwert der Pensionskassen

Die Studie zeigt, dass die Schweizerinnen und Schweizer im Rentenalter über eine höhere durchschnittliche Kaufkraft verfügen als die ältere Bevölkerung in den Nachbarländern. Das schweizerische System der Altersvorsorge trägt entscheidend dazu bei, dass schwerwiegende Fälle von Altersarmut deutlich seltener vorkommen als in den Nachbarländern. Der Schweizer Altersvorsorge gelingt es gemäss Studie insgesamt gut, Menschen im Rentenalter finanziell abzusichern. Keine andere Altersklasse hat in der Schweiz eine ähnlich hohe finanzielle Zufriedenheit. Die berufliche Vorsorge trägt gemäss Studie zu diesem Befund entscheidend bei.

Fazit

Die Studie stellt der beruflichen Vorsorge insgesamt ein gutes Zeugnis aus. Sie unterstreicht die zahlreichen Aufgaben, die die PK wahrzunehmen haben, und welche Effekte sich daraus für die Versicherten und die Volkswirtschaft ergeben. Gemäss Studie befindet sich die Schweiz in einer guten Ausgangsposition, um den demografischen und wirtschaftlichen Herausforderungen begegnen zu können. Im Ländervergleich zeigt sich auch, dass nur wenige Länder über höhere Altersvermögen verfügen als die Schweiz. Das Altersvorsorgesystem der Schweiz ist damit im internationalen Vergleich breit aufgestellt. Schliesslich weist die Studie auch auf den Reformbedarf hin. Schlüsselfaktoren für eine positive Zukunft der kapitalgedeckten Vorsorgesysteme sind die Wirtschaftsentwicklung, die Entwicklung der Finanzmärkte, die Geldpolitik der Nationalbanken, die politischen Beschlüsse von Volk und Parlament sowie die sozialpartnerschaftlich gefällten Entscheide der PK-Verantwortlichen. Zudem ist es für die nachhaltige Entwicklung einer PK zentral, dass die Bedürfnisse aller Beteiligten, der erwerbstätigen Versicherten und der Rentenbeziehenden, fair abgedeckt werden. Die berufliche Vorsorge muss ihr Licht keineswegs unter den Scheffel stellen. Die hohen Leistungen in der Vergangenheit und das künftige Leistungspotenzial aufgrund der speziellen Rahmenbedingungen machen die berufliche Vorsorge zu einer starken zweiten Säule der Schweizerischen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge.

Ein relevanter Stabilisator in der Krise

Die vom ASIP in Auftrag gegebene Studie beleuchtet mit Zahlen und internationalen Vergleichen die zentrale Bedeutung der beruflichen Vorsorge für die Altersvorsorge der Schweiz. Zudem legt sie dar, welchen Effekt die Corona-Krise auf die berufliche Vorsorge hatte und welche Konsequenzen sie künftig noch haben könnte. Die nicht immer einfache Gratwanderung, die Gesundheit der Bevölkerung zu gewährleisten und gleichzeitig die Auswirkungen auf Gesellschaft und Wirtschaft so gering wie möglich zu halten, wurde mehrheitlich erfolgreich gemeistert. Nicht zuletzt dank unseres gut ausgebauten Sozialversicherungssystems mit seinen soliden Strukturen konnte vielen von der Pandemie betroffenen Menschen und Unternehmungen direkt geholfen werden.
Das Sozialversicherungssystem der Schweiz hat sich somit insgesamt als Stabilisator in dieser Krise erwiesen. Welche konkreten Auswirkungen die Pandemie in der mittleren und langen Frist auf die gesundheitliche Situation der Schweizer haben wird und inwiefern dies auch die berufliche Vorsorge betrifft, lässt sich zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Studie jedoch noch nicht absehen. Diesbezüglich sollten vor allem die leistungsseitigen Konsequenzen beachtet werden (so u.a. die Auswirkungen der Long Covid-Fälle auf die IV; Zunahme psychischer Krankheiten), wenngleich eine Quantifizierung dieser Effekte jetzt noch nicht möglich ist. Schliesslich werden die grössten künftigen Herausforderungen der beruflichen Vorsorge sowie die aktuellen Reformbemühungen skizziert.
Die ganze Studie ist auch auf der Website von BAK Economics zum Download erhätlich. Eine Präsentation der Kernergebnisse der Studie von Projektleiter Martin Peters finden Sie auf Youtube