«Schweizer Personalvorsorge» 6/20: Interview mit Eliane Albisser

Courage beim Verhandeln

Das PK-Netz fordert einen verbindlichen Kündigungsschutz für die Arbeitnehmervertretung im Stiftungsrat, damit auch bei schwierigen Entscheiden der Arbeitsplatz gesichert ist. Geschäftsführerin Eliane Albisser über das Spannungsfeld Arbeitnehmer und Arbeitgeber im Stiftungsrat.

 

Interview (schriftlich): Judith Yenigün-Fischer

Wie kann man den Wissensvorsprung der Arbeitgebervertreter im Stiftungsrat ausgleichen?
Es gibt zwar gerade bei betriebseigenen Kassen wegen des Arbeitsverhältnisses ein Machtgefälle zwischen der Arbeitnehmer- und der Arbeitgebervertretung, in der Regel besteht aber kein Wissensvorsprung. Und wenn, dann öfter über Interna der Firma, weniger über Kassenprobleme. Wichtig ist, dass Verbände und Gewerkschaften eng mit ihren Arbeitnehmervertretungen zusammenarbeiten, das heisst Weiterbildungen forcieren sowie Nachfolgeregelungen umsichtig und frühzeitig planen. Neben dem Fachwissen ist auch entscheidend, dass die Arbeitnehmervertretungen auf die spezifischen Bedürfnisse der Arbeitnehmenden sensibilisiert werden. Es geht auch um eine Frage der Haltung: Wer sind wir als Arbeitnehmervertretung in diesem Gremium und welchen Gestaltungsspielraum haben wir?

Bei welchen Themen gibt es Differenzen zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern?   
Der Druck auf die Parameter (technischer Zinssatz und Umwandlungssatz) ist massiv. Hier muss die Arbeitnehmervertretung zusammenstehen, abwägen und gegebenenfalls entgegenhalten. Vor allem muss sie auf eine umsichtige und sozialverträgliche Umsetzung der nötigen Massnahmen pochen. Die Voraussetzungen sind gegeben: Im Stiftungsrat der Pensionskassen herrscht Parität. Diese Chance gilt es zu nutzen, um die Rechte und Bedürfnisse der Arbeitnehmenden zu unterstützen. Wenn eine Kasse effektiv in Unterdeckung gerät, treten vielfach weitere Differenzen auf. Dann stellt sich die Frage: Sanieren ja, aber zum welchem Preis für die Arbeitnehmenden? Hier kann eine starke Arbeitnehmervertretung einen echten Unterschied machen.

Wie werden Differenzen im Stiftungsrat gelöst?
Es gibt keine generellen Rezepte, aber es braucht einen kühlen Kopf und vor allem Courage beim Verhandeln. Eine starke Arbeitnehmervertretung verhindert nicht nur den Abbau von Leistungen, sondern gestaltet proaktiv mit, indem sie zum Beispiel in der weiterführenden Vorsorge versucht, Akzente zu setzen. Dies gelingt, wenn Arbeitgeber am gleichen Strick ziehen und überzeugt werden können, dass die Attraktivität des Arbeitgebers steigt, wenn er eine gute Vorsorgelösung für die Arbeitnehmenden anbietet.

Wie ist gewährleistet, dass der Arbeitnehmervertreter seine Meinung einbringen kann, ohne dass er Konsequenzen im täglichen Berufsalltag befürchten muss?
Eine kritische Grundhaltung, wie sie von Stiftungsrätinnen und Stiftungsräten verlangt wird, kann zu Konflikten führen. Die Arbeitnehmervertretung sitzt den Entscheidungsträgern des Arbeitgebers gegenüber. Dieses Spannungsfeld ist arbeitsrechtlich brisant. Das PK-Netz fordert deswegen schon lange einen verbindlichen Kündigungsschutz für die Arbeitnehmervertretung im Stiftungsrat, damit auch bei schwierigen Entscheiden der Arbeitsplatz gesichert ist. Der Kündigungsschutz würde nicht nur die Gefahr vor Kündigungen eliminieren, sondern könnte gleichzeitig die Arbeitnehmervertretung unterstützen, sich noch mehr zu zeigen und stärker zu intervenieren. Mit anderen Worten: Der Kündigungsschutz würde ganz konkret die gelebte Parität stärken!

Wie beurteilen Sie den Einfluss des Arbeitgebers auf die Wahl von Stiftungsräten?
Die Verbände und Gewerkschaften sollten unbedingt schon lange vor Stiftungsratswahlen Personen auswählen, fördern und bestmöglich ausbilden. So kann ein möglicher Einfluss der Arbeitgeber am besten geringgehalten werden. Ausgebildete Personen werden bei Wahlen klar bevorzugt. Hier sind auch die Verbände und Gewerkschaften in der Pflicht. 

Mehr zum Thema im Heft

In der Juniausgabe 2020 der «Schweizer Personalvorsorge» wird das Thema Stiftungsrat ausführlich behandelt.