«Schweizer Personalvorsorge» 12/18 - Rentenalter und Arbeitsmarkt

Wieviel Arbeit darf es sein im Alter?

Wir leben länger. Also ist zu erwarten, dass wir in Zukunft wohl auch länger arbeiten werden. Doch wie wird das Arbeitsleben im Alter sein? Ein Überblick mit Servicecharakter.

Für die Kopfarbeitenden des 21. Jahrhunderts gehört es wohl zumindest dazu. Heute ist es schon so, und in Zukunft wird es wahrscheinlich so bleiben: Solange man lesen kann, dürfte man auch fit genug sein, um etwas Vernünftiges zu arbeiten. Ganz unabhängig vom Alter.

Die Arbeitsformen und die Arbeitszeiten im Herbst der Karriere haben sich bereits beträchtlich verändert (Siehe Grafik rechts oben). Pensionierte – Männer wie Frauen – arbeiten häufiger zuhause, auf Abruf oder abends sowie am Sonntag. Sie sind aber auch viel freier als die Generation 55+, die noch voll im Berufsleben steht.

Die untere Grafik zeigt, dass das durchschnittliche Alter beim Austritt aus dem Arbeitsmarkt in den letzten sieben Jahren um elf Monate gestiegen ist. Herr und Frau Schweizer arbeiteten 2017 also knapp ein Jahr länger als 2011.

Dass dies ohne eine Veränderung des ordentlichen AHV-Alters geschehen ist, ist bemerkenswert. Wie es weitergeht, ist jedoch schwer abzuschätzen. Die Politik ist blockiert. Das Bundeshaus macht im Wahljahr 2019 auch nicht den Anschein, als wenn sich die Blockade nach der gescheiterten Reform AV2020 so schnell lösen würde.
Das Bild auf dem Arbeitsmarkt ist nicht eindeutig. Der Fachkräftemangel ist nicht nur ein Schlagwort, sondern eine Realität: Ältere Menschen werden in Zukunft stärker gesucht sein. Andererseits ist eine feste Stelle nicht für alle Leute über 55 selbstverständlich. Da bleibt ihnen nichts, als sich selbst zu helfen.

Links für Silberfüchse

Wer aktiv bleiben will, schliesst sich mit Vorteil einem Netzwerk an, wo man alte Kontakte aufwärmen kann und neue knüpft. Das Silberfuchs-Netz ist ein Forum rund um das Thema Arbeit 50+. Initiiert und gemanagt wird es von Elisabeth Michel-Alder, die selbst vom Fach ist. Sie forscht über Erwerbstätige im demografischen und digitalen Wandel und hat das Buch "Länger leben - anders arbeiten" veröffentlicht. (Siehe Links weiter unten und Rezension in der Augustausgabe der «Schweizer Personalvorsorge», Seite 95). Das Silberfuchs-Netz fördert auch Projekte. Über die Unterstützung entscheidet ein Komitee von sieben Persönlichkeiten. Die Kriterien für eine Unterstützung sind ebenfalls online beschrieben.  
Vergleichbar und schweizweit verankert ist das Netzwerk Innovage. Erfahrene Persönlichkeiten engagieren sich dort freiwillig über das Pensionsalter hinaus und geben ihre Expertise weiter. Auch Innovage gewährt gemeinnützigen Organisationen oder guten Ideen Unterstützung – dies vor allem personell, weniger finanziell. Wer nur Geld braucht für ein konkretes Projekt, dem sei der Verein GO! empfohlen, der Mikrokredite vergibt.

Rentner leben in den Tag hinein

Auch im Alter kann man mit Jobs in den Tag hinein leben: Auf www.rentarentner.ch bieten Rentnerinnen und Rentner ihre Arbeitskraft an. Sie bieten Hand für Arbeiten im Garten, Haushalt und Geschäft.

Wer etwas Ernsteres sucht, kann bei einem spezialisierten Stellenvermittler für die dritte Berufsphase anklopfen, zum Beispiel bei www.Visberg.ch. Das vom Schweizerischen Arbeitnehmer- und Arbeitslosenverband getragene Portal www.save50plus.ch bietet älteren Menschen ebenfalls Unterstützung bei der Stellensuche.

Wer wagt, gewinnt

Die Jugend erfindet sich jeden Tag neu. Ältere Menschen überlegen es sich zweimal, bevor sie etwas ganz Neues zu wagen. Wer sich im Rahmen der Pensionierung grundsätzlich mit der Gestaltung der zweiten Hälfte des Erwerbslebens auseinandersetzen will, findet Unterstützung bei www.avantage.ch. In Seminaren und Kursen erhalten angehende Frührentnerinnen und Rentner ab 50 Ideen für das Leben nach der ersten Karriere.  

Viele Menschen um die Fünfzig haben noch Energie, um etwas Verrücktes zu realisieren. Einen alten Traum vielleicht oder eine seit Jahren gehegte Geschäftsidee, die ihre Reifezeit gebraucht hat. Die Neustarter-Stiftung bietet für solche Initiativen ihre Unterstützung an und vernetzt Gleichgesinnte untereinander. Die Stiftung ist notabene selbst wie ein Phoenix aus der Asche gestiegen: Seit 2017 hat die ehemalige Tertianium-Stiftung einen neuen Namen und eine neue Aufgabe: Sie ermutigt Menschen ab 49 zu einem beruflichen Neustart. Gleichzeitig werden auch die Unternehmen daran erinnert, nicht nur immer an die Jugend zu denken, sondern angesichts des demografischen Wandels auch langjährige Mitarbeitende für zukünftige Arbeitswelten zu begeistern.

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Artikel und Fachbücher zum Akzent «Rentenalter und Arbeitsmarkt»

  • Warum wir länger arbeiten (werden)Blog von Marco Salvi, Avenir Suisse, 18.5.2018
  • Talente ohne Ende, Beitrag im Organisator 10 | 2018 von Bernadette Höller, Neustarter-Stiftung
  • Länger leben – anders arbeiten. Erwerbstätige im demografischen und digitalen Wandel, Buch von Elisabeth Michel-Alder, erschienen 2018 im Orell Füssli Verlag, Zürich
  • Altersarbeit in den Kinderschuhen. Senioren als Trumpf gegen den Fachkräftemangel, Artikel von Jérôme Cosandey (2015) Avenir Standpunkte 8, Zürich: Avenir Suisse
  • Fit für den demografischen Wandel? Ergebnisse, Instrumente, Ansätze guter Praxis. Herausgegeben von Martina Zölch und Anja Mücke, erschienen 2015 im Haupt Verlag Bern

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