«Schweizer Personalvorsorge» 05/19 - Vorsorgepraxis

Welche Pensionskasse darf es sein?

Die Vorsorge gehört nicht zum Kerngeschäft der KMU. Deshalb ist Halbwissen verbreitet. Um die landläufigen Missverständnisse zu klären, können Unternehmen Vermittler zuziehen. Einige Tipps aus der Praxis.

Peter Imhof
Partner, Allvisa AG

Unternehmen, die keine eigene Pensionskasse führen, müssen sich einer Sammel- oder Gemeinschaftseinrichtung anschliessen (nachfolgend SGE genannt). Für eine sichere Altersvorsorge ist die Wahl der richtigen Pensionskasse entscheidend. Nur, welches ist die richtige Pensionskasse? Bei der grossen Anzahl von SGE gilt: Wer die Wahl hat, hat die Qual.

Üblicherweise sind es die CEO, CFO oder HR-Verantwortlichen, die sich mit der beruflichen Vorsorge auseinandersetzen. In jedem Betrieb gibt es auch eine Personalvorsorge-Kommission, die Entscheidungen zur Vorsorge treffen muss. Oft ist dies in der Tat ein Müssen, denn das Thema Pensionskasse gehört für ein KMU nicht zum Tagesgeschäft und ist in seiner Komplexität sehr herausfordernd. Eines dürfen wir nicht vergessen: Es geht um sehr viel Geld. Für die meisten Versicherten (50+) ist das individuelle Sparguthaben in der Pensionskasse der grösste Vermögenswert schlechthin.

 

Was man halt so liest…

Es ist erfreulich, dass vermehrt ein Grundverständnis über die Funktionsweise einer Pensionskasse vorhanden ist. Früher beschränkte sich der Vergleich von SGE oft auf die Höhe der in Rechnung gestellten Verwaltungskosten. Das macht man zwar auch heute noch, aber nicht nur. Vor allem vergleicht man die effektiven Verwaltungskosten gemäss Jahresrechnung. Heute interessieren sich viele Arbeitgeber doch auch für die Höhe des Deckungsgrads, die Verzinsung der Altersguthaben und das Sanierungsrisiko, das Verhältnis von Aktiven und Rentnern. Bekannt sind allenfalls noch das mehrjährige, durchschnittliche Anlageergebnis, die technischen Parameter - und die Höhe des Umwandlungs­satzes.

 

... und immer wieder dieser Umwandlungssatz

Leider gilt der Umwandlungssatz weit herum als wichtige Entscheidungsgrösse und Qualitätsmerkmal. Manche Entscheidungsträger und insbesondere viele Versicherte denken: Je höher der Umwandlungssatz, desto besser die Pensionskasse. Logischerweise ist diese Idee bei all jenen verbreitet, bei denen die Pensionierung nicht mehr allzu weit weg ist.

Es ist bekannt, dass jährlich rund 7 Mrd. Franken von den Aktiven zu den Rentnern fliessen. Dieses Geld gehört eigentlich den Aktiven, wird aber für die Finanzierung der Renten benötigt. Diese Umverteilung widerspricht komplett dem Kapitaldeckungsverfahren der 2. Säule. Denn in der beruflichen Vorsorge muss das bei der Pensionierung vorhandene Altersguthaben genügen, um die lebenslang auszurichtende Altersrente zu finanzieren. Dieser Zusammenhang zwischen Altersguthaben und (zu hohem) Umwandlungssatz sowie der (gestiegenen) Lebenserwartung und den Zinsen muss allen Beteiligten vermittelt werden: den Arbeitgebern, den Versicherten und den Rentnern.

Das (Rentenloch-)Umlageverfahren hat in der Pensionskassenwelt, die auf dem Kapitaldeckungsverfahren basiert, zu viel Platz und sollte behoben werden. Wann? Vorgestern.

 

… und was eben auch noch zu beachten ist

Mitentscheidend für die Höhe der künftigen Altersrente ist nicht nur der Umwandlungssatz und die erwirtschafteten Zinsen, die den individuellen Altersguthaben gutgeschrieben werden. Viel zentraler ist die Ausgestaltung des Vorsorgeplans, beziehungsweise die Höhe der definierten Sparbeiträge und des versicherten Lohns. Dies ist nun eben nicht die Aufgabe der SGE, sondern gehört zum Verantwortungsbereich der Entscheidungsträger innerhalb der Firma. Die Wahl des Plans ist meistens eben Chefsache.

Wenn die Sparbeiträge in der Nähe des BVG-Minimums liegen, können bei der Pensionierung auch nicht viel mehr als BVG-Mindestleistungen erwartet werden. Fortschrittliche Vorsorgepläne sehen dagegen oft nicht nur höhere Sparbeiträge vor, sondern sie berücksichtigen auch Lohnteile über den BVG-Grenzwerten. Wenn dann der Arbeitgeber auch noch mehr als die Hälfte der ordentlichen Beiträge finanziert, steht es den Versicherten meist offen, freiwillig ebenfalls höhere Sparbeiträge zu leisten. In der Regel treffen die Versicherten eine Wahl aus drei Plänen.

 

Tipps für Arbeitgeber

Eine detaillierte Analyse des Vorsorgepartners ist wichtig. Dies nicht nur bei einem Neuanschluss, sondern periodisch wiederkehrend. Deckungsgrad und Rentneranteil sind zwar relevante Informationen, genügen aber für eine Gesamtbeurteilung nicht. Die Rahmenbedingungen der Pensionskasse wie die technischen Grundlagen, die finanzielle Entwicklung, Cashflow und Anlagestrategie sind ebenfalls wichtige Beurteilungskriterien.

Früher war es üblich, langfristige Vertragsbeziehungen einzugehen. Heute empfehlen wir Dreijahresverträge, in Ausnahmefällen Fünfjahresverträge, die sich danach automatisch jeweils um ein weiteres Jahr verlängern. Damit bewahren sich Arbeitgeber ihre Chancen, flexibel auf veränderte Situationen zu reagieren. Wichtig sind auch die Regelungen bei einer Vertragskündigung: Wie hoch sind die Auflösungskosten? Was passiert, wenn die Vertragsdauer weniger als fünf Jahre beträgt? Was geschieht mit den Rentnern? Besteht Verhandlungsspielraum? Diese Werte sollten mit jenen von anderen Pensionskassen verglichen werden.

Regelmässig sollte auch das bestehende Angebot geprüft werden. Es lohnt sich, mit der SGE über die Konditionen zu sprechen. Stimmen die Kosten noch? Sind die weichen Faktoren wie Arbeitsabläufe, Meldeverfahren bei Mutationen oder Leistungsfällen zeitgerecht? Oder werden die Mutationsformulare von Hand ausgefüllt und per Post verschickt? Werden auch weitere Dienstleistungen wie Personalorientierungen, Versichertenberatung, Aus- und Weiterbildungen für die Vorsorgekommission angeboten? Wie steht es mit weitergehenden Informationen zur Pensionierungsvorbereitung?

Im Reglement oder im Vorsorgeplan sollte stehen, dass freiwillige Pensionskasseneinkäufe im Todesfall als zusätzliches Todesfallkapital ausgerichtet werden.

 

Zusammenhänge verstehen

Die Unternehmer und die Personalvorsorge-Kommissionen stehen in der Verantwortung. Sie haben es in der Hand, für ihre Mitarbeitenden eine moderne und leistungsstarke Vorsorge zu treffen. Letztlich können die Arbeitgeber und die Vorsorgekommissionen die Leistungs- und Finanzierungsparameter im Vorsorgeplan bestimmen.

Einen rudimentären Vergleich von SGE-Offerten kann auch ein «Nicht-BVG-Profi» erstellen. Sobald man aber etwas unter die Bettdecke schauen und die Gesamtzusammenhänge verstehen möchte, empfiehlt es sich, einen unabhängigen, spezialisierten Berater hinzuzuziehen. Denn letztlich gilt es zu beurteilen, ob auch tatsächlich das drin ist, was drauf steht. Gleiches gilt, wenn die Arbeitgeber ihren Vorsorgeplan analysieren und beurteilen lassen wollen.

 

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