«Schweizer Personalvorsorge» 03/20 - Aus- und Weiterbildung von Vorsorgekommissionen

BVG für Einsteiger

Es gibt den Mindestumwandlungssatz, die Mindestverzinsung und Mindestkenntnisse für Mitglieder von Vorsorgekommissionen. Was muss man über Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen wissen?

Eine Schulung beziehungsweise eine Einführung in die Grundkenntnisse der beruflichen Vorsorge ist für alle Beteiligten sinnvoll und unabdingbar. Die ständige Weiterbildung gehört zum Pflichtenheft für Mitglieder von Vorsorgekommissionen. Über folgende Mindestkenntnisse sollte das neue Mitglied verfügen.

Vorsorgemodelle bei Sammelstiftungslösungen

Auf dem Vorsorgemarkt existieren grundsätzlich zwei Vorsorgemodelle (Vollversicherung und teilautonome Sammelstiftungslösung), die im Rahmen von Sammelstiftungsanschlüssen angeboten werden. Je nach Modell sind die Aufgaben und die Verantwortung der Vorsorgekommissionsmitglieder sehr unterschiedlich. Bei einer Vollversicherung wie auch bei einer teilautonomen Lösung mit Poolanlagen sind die Aufgaben und die Verantwortung für die Vorsorgekommission eher klein. Bei Sammelstiftungslösungen und bei einer teilautonomen Lösung mit Individualanlagen ist die Verantwortung viel ausgeprägter, und es gibt entsprechend mehr zu tun.

Rechtsverhältnisse bei einem Sammelstiftungsanschluss
Typisch ist der Anschlussvertrag zwischen der Sammelstiftung und dem Arbeitgeber, der per Gesetz zur Wahl der Vorsorgelösung verpflichtet ist. Es existieren im Dreieck zwischen Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Sammelstiftung noch weitere Rechtsverhältnisse (siehe Grafik):

  • Arbeitnehmer und Arbeitgeber wählen Vertreter des Vorsorgewerks in die Vorsorgekommission.
  • Das Vorsorgereglement oder der Vorsorgeplan definiert die Bedingungen und die Höhe der Rente (zwischen Sammelstiftung und anspruchsberechtigten Personen und angeschlossener Firma).
  • Der Experte für berufliche Vorsorge überprüft die Einhaltung der Verpflichtungen der Sammelstiftung.
  • Die Kontroll- und Revisionsstelle kontrolliert die Buchhaltung respektive den Jahresabschluss der Stiftung.
  • Die Aufsichtsbehörde kontrolliert und überwacht die Sammelstiftung.
  • Die Geschäftsführungsstelle führt die Vorsorge für alle angeschlossenen Firmen durch, erstellt Vorsorgeausweise und Beitragsrechnungen, überweist Freizügigkeitsleistungen, berechnet Vorsorgeleistungen und richtet diese im Leistungsfall aus.

 

Paritätische Vorsorgekommission

Es liegt in der Sache der beruflichen Vorsorge, dass die Arbeitnehmer wie auch die Arbeitgeber (Firmen) je eigene Interessen haben. Die Aufgabe der Vorsorgekommission ist es auch, die beiden Interessen gemeinsam in die gleiche Richtung zusammenzuführen.

Bei Vorsorgewerken, die die gesetzliche berufliche Vorsorge durchführen, muss die Vorsorgekommission paritätisch zusammengesetzt sein. Das heisst, es müssen mindestens gleich viele Arbeitnehmer- wie Arbeitgebervertreter gewählt werden.

Die Arbeitnehmervertreter werden von den Mitarbeitenden gewählt und müssen gleichzeitig auch im Vorsorgewerk als aktive Person versichert sein (keine Rentenbezüger). Die Arbeitgebervertreter werden von der Geschäftsleitung oder vom Verwaltungsrat bestimmt. Arbeitgebervertreter müssen nicht zwingend im Vorsorgewerk versichert sein.

Bei Vorsorgewerken, die nur Leistungen im überobligatorischen Bereich vorsehen (Kaderlösungen, 1e-Vorsorgepläne), ist die Zusammensetzung entsprechend dem Finanzierungsverhältnis zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträgen möglich.

Aufgaben und Kompetenzen der Vorsorgekommission

Die Vorsorgekommission ist für die ordnungsgemässe Durchführung des Anschlusses an eine Sammelstiftung verantwortlich. Zusammengefasst sind dies folgende Punkte:

  • Sie wählt den Stiftungsrat der Sammelstiftung.
  • Sie erlässt, vollzieht und ändert den Vorsorgeplan beziehungsweise die Vorsorgepläne (inklusive Finanzierung).
  • Sie entscheidet über die Verwendung der freien Mittel (zum Bespiel Verteilung von Überschüssen).
  • Sie informiert die Versicherten (wenn notwendig).
  • Sie verwaltet das Vorsorgewerk und kontrolliert insbesondere das Meldewesen und die Zahlung der Beiträge anhand von Berichten des Arbeitgebers.
  • Sie orientiert bei Veränderungen das Personal über die Organisation und informiert über die Tätigkeit der Vorsorgekommission.
  • Sie vertritt die Interessen des Vorsorgewerks gegenüber dem Stiftungsrat der Sammelstiftung.
  • Sie wirkt mit bei der Kündigung des Anschlussvertrages durch den Arbeitgeber und unterzeichnet diese mit.

Je nach gewähltem Vorsorgemodell kommen weitere Aufgaben hinzu, wie das Treffen von Anlage- und Zinsentscheiden, das Festlegen des Umwandlungssatzes bis hin zum Sanierungsbeschluss. Einzelne dieser Aufgaben werden in der Praxis oftmals delegiert, wie beispielsweise die Informationspflichten und auch die Durchführung/Verwaltung. Gleichwohl liegt die Verantwortung bei der Vorsorgekommission. Im Unterschied zu den Stiftungsräten haften Mitglieder von Vorsorgekommissionen jedoch nicht (vgl. BVG Art. 51a).

Geschäftsreglement/Organisationsreglement

Die vorgängig aufgezählten Punkte sind in den jeweiligen Geschäfts- beziehungsweise Organisationsreglementen der Sammelstiftungen detailliert aufgeführt. Diese sind öffentlich zugänglich (meist über die Website des Anbieters). Obwohl diese Informationen vorhanden sind, haben die Mitglieder von Vorsorgekommissionen aber oftmals keine Kenntnis davon.

Beurteilung und Qualifizierung der Vorsorgelösung

Viele Vorsorgekommissionen stehen vor der Frage, welches Vorsorgemodell für sie das geeignetere beziehungsweise interessantere ist. Dabei ist das Abwägen der Risiken und Chancen der unterschiedlichen Vorsorgemodelle nicht zu vernachlässigen. Zur Beurteilung gehören mehrere Faktoren und nicht nur der aktuelle Deckungsgrad. Zu den «Qualitätsmerkmalen» einer guten Leistung zählen die unten aufgeführten Punkte. Wie beim Gerätekauf die Features sind die Eckdaten allein nicht ausschlaggebend. Diese sind jedoch mit wenig Aufwand zu recherchieren beziehungsweise aus den Geschäftsberichten jeder Vorsorgeeinrichtung herauszulesen, da jede Pensionskasse sie periodisch publizieren muss.

  • Deckungsgrad: Diese Zahl zeigt das Verhältnis an zwischen Kapital und Verpflichtungen. Ist sie unter 100 Prozent, ist eine Kasse in Unterdeckung.
  • Umwandlungssatz: Er bezeichnet den Faktor, mit dem das Sparkapital bei der Pensionierung in eine Rente umgewandelt wird.
  • Technischer Zins: Der technische Zins ist der Diskontsatz (oder Bewertungszinssatz), mit dem die Pensionskasse den Zuwachs der Vorsorgekapitalien und die erwartete Rendite berechnet.
  • Anlagestrategie/Allokation: Es gibt Vorschriften, in welche Kategorien die Pensionskassen wie viel investieren dürfen und müssen (Aktien, Obligationen, Immobilien, alternative Anlagen etc.).
  • Wachstum, Entwicklung, Versichertenstruktur (Aktive/Rentner): Je mehr aktive Versicherte eine Pensionskasse versichert hat, desto «gesünder» ist die Altersstruktur. Es gibt auch reine Rentnerkassen.
  • Verzinsung: Jede Pensionskasse muss das Sparkapital der Versicherten verzinsen. Der Bundesrat legt jährlich den minimalen Satz fest.
  • Technisches Ergebnis: Das Resultat des versicherungstechnischen Teils (Einnahmen aus Risikoprämien minus Ausgaben für die Leistungen Tod und Invalidität).

Viele Vorsorgekommissionen haben Mühe, den eigenen Vorsorgeplan in Bezug auf die Höhe der Leistungen einzuschätzen. Wenn auch ein Vergleich zu anderen Firmen fast nicht möglich ist (ausser man hat Zugang zu diesen Informationen), könnte zumindest ein Vergleich mit den gesetzlichen Mindestleistungen vorgenommen werden. So wären die Arbeitnehmervertreter in der Lage, mögliche Leistungsverbesserungen mit dem Arbeitgeber zu diskutieren.

Vorsorgekommission – wie bitte?!

«Wir suchen einen Arbeitnehmervertreter in unserer Personalvorsorgekommission – wäre das nicht etwas für dich?». So oder ähnlich mögen die Anfragen in vielen KMU lauten. Und nicht selten ist wenige Tage später die Wahl auch formell bereits vollzogen. Das ist eine Realität: Oft werden Mitarbeitende ohne grosse Vorkenntnisse in der beruflichen Vorsorge gewählt. Eine Einführung in die Grundkenntnisse des BVG findet aber oft nicht statt. Schon gar nicht werden die Mitarbeitenden über die Aufgaben und Pflichten eines Vorsorgekommissionsmitgliedes informiert.

Eine vertiefte Schulung aller Vorsorgekommissionsmitglieder wäre sicher für alle Beteiligten ein Fortschritt in der partnerschaftlichen Durchführung der beruflichen Vorsorge, wobei der Ausbildungsbedarf abhängig vom gewählten Vorsorgemodell ist.

Einige Sammelstiftungen und auch unabhängige Versicherungsberater bieten solche Seminare für ihre Kunden und deren Vorsorgekommissionsmitglieder an. Daneben gibt es eine Vielzahl von Anbietern von Weiterbildungen und Schulungen. vps.epas produziert das E-Paper «Fokus Vorsorge», das einzelne Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen den Mitgliedern von Vorsorgekommissionen zustellen können.